Tag 40 der Reise, Ruhetag in Celje

10.10.2022

Wenn ich die Gegend hier mit Ostdeutschland vergleiche, dann fällt auf, dass es kaum Herrenhäuser, Burgen oder Schlösser gibt. Und hier – wie übrigens auch in Österreich, wo ich es echt nicht erwartet hätte – sind die Schlösser oft in keinem guten Zustand. Mag sein, dass man ihnen in Titos Zeiten schon wenig Beachtung geschenkt hat.

Interessant ist, dass Herrenhäuser auch in Seumes Schilderung kaum Beachtung fanden. Hätte er da nicht um ein Quartier anfragen können? Oder war das unüblich, weil nicht zu seinem (niedrigen) Stand passend? Oder waren die Herrschaften eher nicht an Gästen interessiert? Auch ich habe es bisher nicht drauf ankommen lassen und immer rechtzeitig Quartiere gebucht. Das hat in meinem Fall aber auch einen anderen Grund: ich hätte keinerlei Gastgeschenk zu bieten, ich brauch abends meine Zeit für das Tagebuch, Datensicherung, Bildbearbeitung und die ein oder andere dienstliche Angelegenheit. Ein Abend mit netten Gastgebern wäre mir durchaus willkommen, aber er würde alle sonstigen Zeitpläne durcheinanderbringen. Nicht zuletzt war der Zustand meiner linken Fußes bis vor fünf Tagen in einem Zustand, der auch Ruhe und Aufmerksamkeit fordert. Aber vielleicht fasse ich mir ja noch ein Herz. Die imposanten Villen auf den Dörfern werden vielleicht ein Zimmer für mich haben? In die Dorfkneipe setzten und nach einem Quartier fragen – das kann man hier vergessen. Erstens gibt es keine Dorfkneipen mehr, bestenfalls irgendwelche kleinen Bistros neben dem Autohaus, und die Leute, die da sitzen, werden kein Englisch sprechen und möglicherweise sind es auch nicht so interessante Gastgeber. Von der zu erwartenden Abfuhr ganz zu schweigen. Da ich täglich von kurz nach acht bis kurz nach achtzehn unterwegs bin, kann ich abends kaum Risiken eingehen. Und ich brauch einfach meine Ruhe bzw. Zeit für die Spätschicht, die ich gerade schilderte, und die selten vor 22.30 h endet.

Eine weitere Frage, die mich beschäftigt, ist die, wie Seume eigentlich unterwegs seine Verpflegung organisiert hat. Bekannt ist, dass er eine Wasserflasche aus Gummi mitführte. In Italien hat er sich gern mit Orangen eingedeckt. Und gelegentlich erwähnt er Mittagszeiten in Wirtshäusern. Doch ansonsten für Zwischendurch? Kaufhallen gab es nicht und es gibt sie auch heute auf dem Land nicht mehr überall. Hat er Märkte besucht? Bauern etwas abgekauft? Gewiss erschien ihm dies nicht erwähnenswert, weil zu alltäglich. Wie aber war damals der Alltag eines Reisenden?

Was gibt es zum Ruhetag noch zu sagen? Ich habe einen kleinen Spaziergang durch Celje (oder in der deutschen Schreibweise Cilli) gemacht. Die Innenstadt hat geräumige Fußgängerzonen, viele Straßencafes und viel Altbausubstanz, aber auch eine sehr moderne neue Bibliothek. In einem modernen Supermarkt habe ich Lebensmittel gekauft mit einer Selbstbedienungskasse. Diszipliniert habe ich aber meine Füße geschont. Einiges mehr bei den Bildern.

Bahnhof aus dem Jahre 1846, Sübahn der KuK Monarchie
Post
Reste eines mittelalterlichen Palais
Altes Rathaus
Kleine Gasse in der Altstadt
Ein altes Fotoatelier aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts, hätte ich gern besichtigt, war aber geschlossen montags

When I compare the area here with eastern Germany, I notice that there are hardly any manor houses, castles or palaces. And here – as in Austria, by the way, where I really didn’t expect it – the castles are often not in good condition. It may be that in Tito’s time they were not paid much attention to.

It is interesting that Seume’s description of manor houses also paid little attention to them. Couldn’t he have asked for accommodation there? Or was that unusual because it was not in keeping with his (low) status? Or were the gentlemen rather not interested in guests? So far, I too have not taken the chance and have always booked accommodation in good time. In my case, however, there is another reason: I don’t have any guest gifts to offer, I need my time in the evenings for the diary, data backup, image editing and one or two other official matters. An evening with nice hosts would be quite welcome, but it would upset all other schedules. Last but not least, the condition of my left foot was in a state until five days ago, which also demands rest and attention. But perhaps I will take heart. The imposing villas in the villages will perhaps have a room for me? Sitting down in the village pub and asking for a place to stay – you can forget that here. First of all, there are no village pubs any more, at best some small bistros next to the car showroom, and the people sitting there won’t speak any English and they might not be such interesting hosts either. Not to mention the expected rebuff. Since I’m on the road every day from just after eight until just after eighteen, I can hardly take any risks in the evening. And I simply need my rest or time for the late shift I just described, which rarely ends before 10.30 pm.

Another question that preoccupies me is how Seume actually organised his food on the way. It is known that he carried a rubber water bottle with him. In Italy, he liked to stock up on oranges. And occasionally he mentions lunch times in inns. But otherwise for in-between meals? There were no department stores, and they don’t exist everywhere in the countryside anymore. Did he visit markets? Bought something from farmers? Certainly this did not seem worth mentioning to him, because it was too mundane. But what was the everyday life of a traveller like back then?

What else is there to say about the day of rest? I took a short walk through Celje (or Cilli in the German spelling). The city centre has spacious pedestrian zones, many street cafés and a lot of old buildings, but also a very modern new library. I bought groceries in a modern supermarket with a self-service checkout. Disciplined, however, I spared my feet. More on the pictures.