Tag 46 der Reise. Von Potojna (Adelsberg) nach Divaca, 30 km

16.10.2022

Wanderer im Nebelmeer – so hätte man den Tag heute nennen können. Denn wieder begleitete mich herbstliches Grau bis kurz nach zehn. Gegen Abend versank die Landschaft dann wieder im Dunst. Die Berge in der Ferne waren mehr zahrte Schleier als drohende Kulissen.

Aber bald wäre es zu viel mit Meer und Wasser geworden. Nach wenigen Kilometern über noch nasse Feldwege hatte ich einen kleinen Fluss zu überqueren, die Pivka. Vor mir schaukelte eine etwas desolate Hängebrücke, belegt mit glitschigen Stahlplatten. Ein Alptraum.  Im Prinzip ohne Geländer, denn nur eines der vier Stahlseile, die die Grundlage der Konstruktion bildeten, hatte noch etwas Nähe zum dem schaukelnden Steg. Alle zwei Meter mal ein vertikales Verbindungsteil zu den Platten, über die man gehen musste. Ich fluchte. Aber die Alternative wäre ein gigantischer Umweg gewesen. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und tapste vorsichtig los, immer bemüht, die Konstruktion nicht zum Schaukeln zu bringen. Und hoffend, dass mir an der gegenüberliegenden Seite der „Aufstieg“ gelingt und ich dort festen Halt finde. Umkehren und zurückgehen wäre auf dem Ding unmöglich gewesen. Aber es klappte.

Einige Kilometer weiter musste der Fluss mich erneut ärgern: diesmal war eine Furt zu überwinden, in die nette Leute einige Steine gelegt hatten. Ich stakste mit meinem Wanderstock zum anderen Ufer von Stein zu Stein und hatte auch diesmal Glück. Nur die rechte Schuhspitze hatte mal etwas Wasserkontakt beim Abstoßen im Sprung zum nächsten Stein.

Ansonsten war der Tag mit Obst von wilden Apfelbäumen reich gesegnet. Mir begegneten zwei Radfahrer: ein Berliner auf der Reise von München nach Zagreb. Wir wollen uns vielleicht im Januar mal treffen zum Reiseberichte auswerten. Den anderen traf ich in einer Bikerkneipe. Er fuhr von Kroatien mit dem Rennrad nach Hause nach Ljubljana.

Vorbei ging es an einem imposanten Berg, dem Peska, 1.262 m, der einen Ausläufer der julischen Alpen bildet und bei Razdrto (Prewald) einen Pass nach Süden begrenzt. Dort hat sich Seume auf jeden Fall aufgehalten:

„Die Bergspitze von Prewald sah ich bis nach Triest, und sie schien mir immer so nahe, als ob man eine Falkonetkugel hätte hinüberschießen können. Von Schottwien bis Prewald hatte ich abwechselnd sehr viel Schnee; bei Sessana hörte er allmählich auf, und hier liegt er nur noch in einigen finstern Gängen und Schluchten. In Prewald zitterte ich noch vor Frost am Ofen, und hier diesseits des Berges am Meere schwitzt man schon.“

So schreibt Seume Ende Januar 1802 aus Triest.

Hnd hier die Strecke auf Komoot: https://www.komoot.de/tour/955012528?ref=wtd

Das etwas schickere Hotel in Potojna.
Die Hauptstrße von Adelsberg (Potojna). Kaum zu sehen: die Spitzen der Kirchtürme
Spinnennetz auf den endlosen Weiden
Das ist sie – die Alptraumbrücke. Einmal runterklatschen und der Rest der Reise scheitert an abgesoffener Ausrüstung. Oder Knochenbrüchen.
Aber bei diesem Wetter will man auch nicht mit kleinem Rücklicht entlang der Fernstraße wandern.
An der alten Dorfstraße. Und vielleicht an Seumes Weg.
Gegen 10.00 h
Gedenkstein für Partisanen. Trifft man recht häufig an.
aber diesmal gehörten zum Partisanengedenken auch drei freche Masten neben der Kirche.
Der Prewalder Pass. Leider ein einziges Autobahnenknäuel, so dass ich mich links davon (südlich) durch die Berge schlug.
Buchenwald mit Kalkblöcken
Auf dem Gipfel ein Steinbruch mit integrierter Schutthalde. Und hinten links wieder der Gipfel der Peska
Ruine eines Schlosses in Senozece aus dem 14. Jahrhundert. Nicht mehr ganz in Schuss.
Begrenzungssteine an der alten Strße im Wald südlich Senozece. Seumes Weg?
Ankunft in Davica

Hikers in the sea of fog – that’s what you could have called the day today. But soon it would have become too much with sea and water. After a few kilometers over still wet dirt roads I had to cross a small river, the Pivka. In front of me rocked a somewhat desolate suspension bridge, covered with slippery steel plates. A nightmare. Basically without railing, because only one of the four steel cables, which formed the basis of the construction, still had some proximity to the rocking bridge. Every two meters times a vertical connecting part to the plates, over which one had to go. I cursed. But the alternative would have been a gigantic detour. So I mustered up all my courage and carefully started walking, always trying not to make the construction sway. And hoping that I would succeed in „climbing up“ on the opposite side and find a firm footing there. Turning around and going back would have been impossible on this thing. But it worked.

Some kilometers further the river had to annoy me again: this time there was a ford to overcome, in which nice people had put some stones. I stalked with my walking stick to the other bank from stone to stone and was lucky again this time. Only the right shoe tip had once some water contact when pushing off in the jump to the next stone.

Otherwise the day was richly blessed with fruit from wild apple trees. I met two cyclists: a Berliner on the journey from Munich to Zagreb. We want to meet maybe in January times to evaluate travel reports. The other I met in a biker pub. He drove from Croatia with the racing bike home to Ljubljana.

We passed an imposing mountain, the Peska, 1,262 m, which forms a foothill of the Julian Alps and borders a pass to the south at Razdrto (Prewald). Seume definitely stayed there:

„I saw the peak of Prewald as far as Trieste, and it always seemed to me as close as if a Falkonet ball could have been shot over it. From Schottwien to Prewald I had alternately a lot of snow; at Sessana it gradually ceased, and here it lies only in some dark passages and ravines. In Prewald I was still shivering from frost at the stove, and here on this side of the mountain by the sea one is already sweating.“

Thus Seume writes from Trieste at the end of January 1802.