Tag 64 der Reise, Agritourismo-Farm vor Faenza bis Capocolle, 36 km, davon 10 getrampt

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Heute Morgen bin ich zeitig los. Aber es war derart diesig, dass ich erstmals mein Fahrradrücklicht an den Wanderstab klemmte.  Meine Haßliebe, die Via Emiglia, hat mich wieder mit vielen fußweglosen Abschnitten geärgert. Mal laufe ich dann nebenan auf den Wirtschaftswegen der Plantagen, mal gibt es ein Stück Fußweg, mal nur den Randstreifen. Das wollte ich mir nicht den ganzen Tag zumuten, und gedachte in Faenza den Zug bis Forli (nur eine Station, ca. 10 km) zu nehmen, zumal meine Gesamtstrecke heute 36 km umfasste. Aber leider war es für den Zug zu knapp, der nächste wäre erst gegen Mittag gegangen.

Also bin ich durch Faenza durchgelaufen, auf einen Bus hoffend. An meiner Straße gab es aber nur Fahrpläne für den Nahverkehr, oft ohnehin kaum mehr leserlich. In der Innenstadt ging ich durch eine Fußgängerzone, da fuhr nur eine kleiner Elektrobus. Als ich schon wieder am Rande der Altstadt war, fragte ich einen jungen Mann nach der Station für die überregionalen Busse. Wann und wie oft die nach Forli fahren, konnte er mir nicht sagen. Ich schlug schon den Weg zurück ein, denn der Busbahnhof war abseits meiner gelaufenen Route, als ich es mir dann doch anders überlegte. Es muss doch noch eine Station des Busses am Stadtrand geben! Die gab es aber nicht. So stand ich schon wieder einige Kilometer hinter Faenza, als ein Haltstellenschild auftauchte. Wieder nur lokale Busse, nichts nach Forli. Zum Glück war an der Stelle eine große Einbuchtung der Straße zu einem Restaurantparkplatz. Also hingestellt und Daumen raus.

Und diesmal war mir der heilige Hitch (Schutzpatron der Tramper) gnädig: nach gut zehn Minuten hielt ein junges Paar, was ich erst bemerkte, als es in meinem Rücken hupte. Die setzten mich dann am Stadttor von Forli ab und ich war sehr glücklich. In Forli – übrigens eine sehenswerte Stadt – habe ich mich dann gleich mal mit Tee und Kuchen verwöhnt.

Den Rest der Strecke bin ich tapfer gelaufen. Da es viel durch besiedeltes Gebiet ging, durfte ich auf Fußwege vertrauen. Schließlich gab es einen richtig guten Radweg, der zu Ehren eines lokalen Radprofis gebaut wurde. In Forlinpopoli habe ich zu Mittag ein Panino gegessen, dann bin ich kurz hinter der Stadt auf Nebenstraßen und Feldwege abgebogen. Dort zeigte sich das Land noch mal in aller Schönheit. Jetzt residiere ich in einem recht schicken Quartier auf einem Hügel mit Obstbäumen und Zypressen. Agritourismo.

Ich habe wieder zahlreiche Flüsse und Gräben überquert. Und an der Brücke über den Fiume Lamore hinter Faenza sah ich große Gedenktafeln mit historischen Fotografien, die an die verlustreiche Befreiung der Stadt durch die Briten im Dezember 1944 erinnern.

Was schreibt Seume zum heutigen Tag:

„In Faenza sah ich die erste französische Wachparade, und in Forli nichts. Nicht eben, als ob da nichts zu sehen wäre: Antiquare und Künstler finden daselbst reichliche Unterhaltung für ihre Lieblingsfächer. Aber ich dachte weder an alte noch neue Kriege und zog gerades Weges ins Wirtshaus, das Hotel de Naples.“

Dies ist leider nicht mehr existent oder heißt heute anders. Meinen Füßen geht es prächtig und ich bin trotz Lärm und trüben Wetters guter Dinge, denn ich habe mir einen kleinen Planvorsprung erlaufen, weil ich gleich zweimal auf geplante Ruhetage verzichtet habe.

Morgen geht es nach Rimini, und ich werde erneut ein Stück Bahn oder Bus fahren oder trampen. Tut mir leid, mein guter Seume, aber die Via Emiglia ist für Fußgänger die Hölle: laut, stinkend und gefährlich. Das hättest du heute nicht anders empfunden.

Und hier die Route auf Kommot mit weiteren Bildern: https://www.komoot.de/tour/971453959?ref=wtd

Via Emiglia morgens
Faenza
Durch dieses Tor ist auch Seume gegangen
Meine Trampstelle hinter Faenza
Vor Forli
Das nordwestlche Stadttor von Forli, Seumes Weg
Blick auf dne Dom, Firli
Mussolini-Style
Der Bidente Ronco
Leerstand isz kein Grund, nicht nebenan die nächste Halle zu bauen
Die Burg von Forlimpopoli
Nicht mehr weit zum Quartier, endlich wieder Felder
Sfumato

Day 64 of the trip, agritourismo farm before Faenza to Capocolle 36 km, 10 of which hitchhiked.

This morning I started early. But it was so hazy that for the first time I clamped my bicycle back light to the walking stick. My hate love, the Via Emiglia, has annoyed me again with many footpath-less sections. Sometimes I run then beside on the farm tracks of the plantations, sometimes there is a piece of footpath, sometimes only the sidelane. I didn’t want to put myself through that all day, and thought in Faenza to take the train to Forli (only one stop, about 10 km), especially since my total distance today was 36 km. But unfortunately it was too close for the train, the next would have gone only around noon.

So I walked through Faenza, hoping for a bus. But on my street there were only local transport timetables, often barely legible anyway. In the city center I went through a pedestrian zone, there drove only a small electric bus. When I was already back at the edge of the old town, I asked a young man about the station for the inter-regional buses. When and how often they go to Forli, he could not tell me. I was already making my way back, because the bus station was off my route, when I changed my mind. There must be another bus station on the outskirts of the city! But there was not. So I was already some kilometers behind Faenza, when a stop sign appeared. Again only local buses, nothing to Forli. Fortunately, there was a large indentation in the road to a restaurant parking lot. So stood there and thumbs out.

And this time St. Hitch (patron saint of hitchhikers) was merciful to me: after a good ten minutes a young couple stopped, which I only noticed when they honked in my back. They then dropped me off at the city gate of Forli and I was very happy. In Forli – by the way a city worth seeing – I then immediately spoiled myself with tea and cake.

The rest of the way I walked bravely. Since it went much through populated area, I was allowed to trust in footpaths. Finally, there was a really good bike path that was built in honor of a local cycling pro. In Forlinpopoli I ate a panino for lunch, then shortly after the city I turned onto side roads and dirt roads. There the country showed itself once again in all its beauty. Now I reside in a quite chic quarters on a hill with fruit trees and cypresses. Agritourismo.

I crossed again numerous rivers and ditches. And at the bridge over the Fiume Lamore behind Faenza I saw large commemorative plaques with historical photographs, which remind of the loss-filled liberation of the city by the British in December 1944.

What does Seume write about today:

„In Faenza I saw the first French guard parade, and in Forli nothing. Not exactly as if there were nothing to see: antiquarians and artists find there ample entertainment for their favorite subjects. But I thought neither of old nor new wars, and went straight on to the inn, the Hotel de Naples.“

This, unfortunately, no longer exists or is called something else today. My feet are doing splendidly and I am in good spirits despite the noise and cloudy weather, because I have gained a small lead in the plan by foregoing planned rest days twice.

Tomorrow it goes to Rimini, and I will again a piece of train or bus or hitchhike. Sorry, my good Seume, but Via Emiglia is hell for pedestrians, noisy, smelly and dangerous. You would not have felt differently today.