Zu Besuch bei Aleksander Glyadyelov
06.10.2023
Gestern war mein Bürotag. Nach dem langen Frühstück mit Sophie ist Norman in die Stadt gefahren, eigentlich, um sich mit einer Keramikerin zu treffen, dann war er jedoch mit einem Freund von Freunden verabredet.
Ich musste diversen Schriftkram erledigen, habe festgestellt, dass das Ladekabel vom IPhone den Geist aufgegebene hat (immerhin nur dies).
Aber am Abend waren wir mit Aleksander Glyadyelov essen in einem sehr schicken georgischen Restaurant. Es war wirklich top.
Danach noch zu Alexander nach Hause. Er wohnt zwei Straßen entfernt von unserem Quartier. Ein Glas Whiskey, Wasser und vor allem Bilder.

Aleksander ist einer der bedeutendsten Gegenwartsfotografen der Ukraine. Wir kennen uns, weil er auf Empfehlungen eines gemeinsamen russischen Freundes vor fünf Jahren bei mir in der Galerie ausgestellt hat. Damals zeigte er Fotografien vom Maidan, aus russischen Gefängnissen, von Straßenkindern in Odessa und vom Krieg in der Ostukraine.
Als die Angriffe auf Kyiv begannen, ging er in die Gegend um Butcha an den nördlichen Stadtrand von Kyiv und begann zu fotografieren. Wir saßen am Wohnzimmertisch und hatten die Ehre, teils unveröffentlichte Fotografien am Rechner zu sehen. Aleksander erzählte zu jedem Bild, was dem Ganzen noch einmal eine weitere Dimension gab.
Die Fotografie von Aleksander ist von einem tiefen Humanismus geprägt. Die Bilder zeigen vor allem das Leid der Menschen, die sich zunächst gegen den Angriff nicht wehren konnten, völlig überfordert waren mit der Situation, vor allem die Alten. Da ist nichts zu sehen von irgendwelcher Action, von Heldentum im banalen Sinn. Das Spektakuläre ist eine merkwürdige Stille, eine Situation der gegenseitigen Hilfe, die allgegenwärtigen Zerstörungen. Die Fotografien sind perfekt komponiert, haben für mich oft die Aura biblischer Szenen, sind geprägt von atemberaubenden Lichtsituationen, nichts Gekünsteltes.