Tag 48 der Reise, von Triest nach Ronchi die Legionari, 17 km + Tramp

Es meldete sich natürlich niemand heute Morgen wegen meines Ausweises und dem Mitnehmen nach Triest. Nein es sind keine Gäste da, die meinen Ausweis mit nach Triest nehmen könnten, man könnte ihn doch per Post in irgendein Hotel schicken. Ja, danke.

Also schnell zum Bahnhof und ab in den Zug. Zurück nach Divaca. Immerhin bin ich so schon mal mit der italienischen und slowenischen Bahn gefahren. Ich habe nette Schaffnerinnen kennengelernt, durfte ohne Aufschlag im Zug bezahlen. Der fuhr von Triest einen großen Bogen hoch in die Berge nach Opicina. Dort musste man den Zug wechseln und hatte eine Viertelstunde Aufenthalt. Kurz nach 10 war ich in Divaca. Dort wollte die Frau vom Chef den Ausweis zum Bahnhof bringen, wurde mir gesagt, als ich telefonisch meine Ankuft ankündigte. Damit war ich allerdings nicht so ganz einverstanden. Ich erklärte, dass der nächste Zug zurück nach Triest erst am fühen Nachmittag fährt, und dass ich erwarte, dass man mich ein Stück mit dem Auto zurückfährt. Um das zu klären, müsse ich erst mal ins Hotel kommen. Immerhin, das war gleich beim Bahnhof um die Ecke.

Dort stand auch schon der nette junge Mann, der mir das ganze Thema eingebrockt hatte. Er staunte als ich kam, denn seine Frau sei doch mit dem Ausweis am Bahnhof. Na gut, er griff zum Telefon, die Frau kam mit dem Ausweis zurück. Jetzt bekam ich erst mal einen Tee, denn zunächst mussten die restlichen Gäste ausgecheckt werden. Dann aber werde man mich fahren. Ohne große Diskussion, das war fair.

Und so wurde ich denn durch den netten Jungen Mann in einen Dacia gebeten, und er schlug vor, mich nach Sistiana zu fahren, das liegt fast am Meer und etwa auf halber Strecke nach Monfalcone, meinem eigentlichen Tagesziel. Im Auto unterhielten wir uns noch über die Einkommensverhältnisse in Slowenien und die Gentrifizierung der grenznahen Regionen durch Vermögende aus Österreich und Italien. Einige Leute aus Triest pendeln jetzt aus dem günstigen Slowenien nach Italien zur Arbeit. In Slowenien belaufen sich die Einkommen der Normalverdiener auf Bereiche zwischen 800 € (Job in der Fabrik des Autozulieferers) und ca. 1.300 € monatlich im internationalen Tourismus. Und das trotz des auch hier um sich greifenden Fachkräftemangels. Eine Wohnung um die 80 m² kostet aber dennoch 600 € Miete monatlich. Kreditzinsen liegen deutlich über 5%, wenn man bauen will. Ja, und offenbar habe ich während meiner ganzen Zeit in Slowenien deshalb nur zwei Polizisten gesehen, weil das Land als friedlich, die Menschen als zufrieden gelten.

Von Sistiana ist es nicht weit zu einem schönen Wanderweg oben auf der Steilküste, dem Rilke-Weg, wie ich später erfahren habe. Von dem hat man spektakuläre Ausblicke, es sei denn, alles versinkt gerade in Dunst und Nebel. Zahllos deutsche Rentner begleiteten mich nun oder kamen mir entgegen. Busse auf den nahen Parkplätzen verhießen nichts Gutes. Rilke war des

Schloss Duino, auf dass ich zulief, war im Jahre 1912 eine privat geführte Künstlerresidenz, u.a. für Rilke, der wohl den Wanderweg auf den Klippen ab und zu ging und sich inspirieren ließ.

 Aber nach dem Schloss ging ich wieder bald durch den Wald, es waren die Ausläufer des Karstgebirges. Bei Peschiera hatte ich das Vergnügen, ein kleines geologisches Wunder bestaunen zu dürfen. Dort tritt der Timavo an drei Stellen einfach so aus dem Felsen nach oben. Es ist ein beachtlicher Fluss, der 46 km Luftlinie entfernt genauso in Karsthöhlen verschwindet, wie er hier wieder rauskommt. Es ist ganz klares bläulich grünes Wasser, welches mit einer starken Strömung und gleich drei Wasserarmen aus einer Felswand quillt. Das war schon zur Antike ein sagenumwobener Kultort.

Seume schreibt dazu:

„An dem Zwickel der Berge kommt hier ein schöner Fluß aus der Erde hervor, der vermutlich auch Höhlen bildet. Hier sind nach aller Lokalität, gewiß Virgils Felsen des Timavus; und ich sah stolz umher, daß ich nun ausgemacht den klassischen Boden betrat.“

Wo Seume dann genau langging, kann ich nicht sagen. Görz oder Garica ist zu weit weg im Norden. Das erwähnt er als Richtung in die er ging. Bei Seume sind aber Landschaftsbeschreibungen oft so formuliert, dass man nicht genau weiß, ob er nun tatsächlich dort war oder dem Leser nur geograifsche Orientierungen geben will.

Nach dem berühmten Flussspektakel ging ich jedenfalls auch nach Nordwesten bergauf. Die Alternative wäre die alte, aber stark befahrene und wie zu erwarten fußweglose Straße nach Montfalcone gewesen. So gewann ich schnell Höhe, hatte nochmal einen dunstigen Blick auf die mit Hafenanlagen zugestellte Bucht vor mir.

Und dann, oben auf dem Karstgebirge fand ich mich plötzlich in einer gespenstischen Szenerie: ein Waldbrand muss vor nicht allzu langer Zeit gewütet haben. Kein einziger Baum hatte überlebt. Selbst große Kiefern hatte verkohlte Stämme und auch oben in den Kronen nur noch kümmerliche Büschel brauner Nadeln. Das wirkte so bizarr, weil die ganze Kalksteinblöcke am Boden ein strahlendes Weiß bekommen hatten, als hätte ihnen jemand ein brutales Bleaching verpasst. Offenbar hat die Hitze jedes Moos, jede Flechte weggesengt. Es standen nur noch dürre schwarze Stämmchen, und man konnte so ohne Unterholz und Kraut verblüffend weit schauen.

Ein wenig musste ich mich in der Mittagshitze entlang der Autobahn über Schotterwege dahinquälen. Dann war ich vor Monfalcone wieder im Wald und stand vor einer weiteren Attraktion: komplett erhaltene Befestigungsanlagen aus dem 1. Weltkrieg. Hier auf dem Kämmen vor der Stadt lieferten sich Österreicher und Italiener erbitterte Stellungskriege. Jetzt wirkte alles seltsam putzig, denn durch die Schießscharten der gemauerten Gräben konnte man nur in den dichten Wald blicken. Tafeln zelebrieren hier einen Themenpark zum „Großen Krieg“. Interessant, dass auch natürliche vorhandene Höhlen zu Unterständen ausgebaut wurden.

In Monfalcone kam ich schon am frühen Nachmittag an. Die Stadt war trotz Siesta voller Lärm, denn am zentralen Platz wird gerade das Pflaster erneuert. Immerhin fand ich eine geöffnete Bar und etwas zu Essen. Die Stadt selbst ist nicht sonderlich attraktiv. In der Bar hatte ich dann ein längeres Gespräch mit einem gealterten Immobilienmakler.  Er konnte leidlich Englisch. Seine Tochter studierte in Köln und war lange in Frankfurt Main. So haben wir über beide Länder ein wenig geredet und natürlich auch über meinen Wanderplan. Ich durfte ihn porträtieren. Als er aber Parallelen zog zwischen Angela Merkel und Giorgia Meloni hab ich dann mal gezahlt…

Auch war ich ja noch frisch und habe noch gut drei Kilometer nach Rochi die Legionari gemacht, wo ich über einer Eisdiele Quartier habe. Morgen werde ich nach Palmanova weiterziehen. Dort war Seume offenbar, denn er beschreibt die Stadt etwas genauer. Sie liegt auch klar auf dem Weg nach Udine von hier aus gesehen. Palmanova gehört sein 2017 zum Weltkulturerbe.

Jetzt, wo ich endlich in Italien bin, fallen mir ständig spanische Vokabeln ein. Aber es wird, mein Italienisch!

Die zwei Strecken auf Komoot:

https://www.komoot.de/tour/956490768?ref=wtd

https://www.komoot.de/tour/956609959?ref=wtd

Morgens in Triest
Vom Zugfenster
Sistiana
Auf dem Rilkeweg
Der Fluss kommt aus dem Felsen
Eisenbahnviadukt in der Ferne
Der Wald nach dem Brand
An der Autobahn
Die alten Stellungen im Wald
Industrie vor Montefalcone
Montefalcone
In der Bar
Vor Ronchi dei Legionari
Sitzecke für Einsame

Day 48 of the trip, from Trieste to Ronchi die Legionari, 17 km + tramp.

Of course no one contacted me this morning about my passport and taking it to Trieste. No there are no guests to take my ID to Trieste, we could send it by mail to some hotel. Yes, thank you.

So quickly to the station and off on the train. Back to Divaca. After all, I’ve been on the Italian and Slovenian railroads this way before. I met nice conductors, was allowed to pay without surcharge on the train. The train drove from Trieste a large arc up into the mountains to Opicina. There one had to change the train and had a quarter of an hour stay. Shortly after 10 I was in Divaca. There liked the woman of the boss the identity card to the station bring, I was told, when I announced by telephone my arrival time. However, I did not quite agree with that. I explained that the next train back to Trieste would not leave until early afternoon, and that I expected to be driven back a bit by car. To sort this out, I would first have to come to the hotel. After all, it was just around the corner from the train station.

There stood already the nice young man, who had brought me the whole topic. He was astonished when I arrived, because his wife was at the station with her ID card. Well, he grabbed the phone, the wife came back with the ID. Now I got first of all a tea, because first the remaining guests had to be checked out. But then they would drive me. Without much discussion, that was fair.

And so I was then asked by the nice young man in a Dacia, and he suggested to drive me to Sistiana, which is almost on the sea and about halfway to Monfalcone, my actual destination for the day. In the car we were still talking about the income situation in Slovenia and the gentrification of the regions near the border by wealthy people from Austria and Italy. Some people from Trieste now commute to work in Italy from cheap Slovenia. In Slovenia, the incomes of normal earners range from €800 (job in the car supplier factory) to about €1,300 per month in international tourism. And this despite the shortage of skilled workers that is also spreading here. An apartment around 80 m² still costs 600 € rent per month. Loan interest rates are well above 5% if you want to build. Yes, and apparently that’s why I saw only two policemen during my whole time in Slovenia, because the country is considered peaceful, the people content.

From Sistiana it is not far to a beautiful hiking trail on top of the cliff, the Rilke trail, as I learned later. From there one has spectacular views, unless everything just sinks into haze and fog. Countless German pensioners now accompanied me or came to meet me. Buses in the nearby parking lots did not bode well. Rilke was the

Duino Castle, which I was walking towards, was a privately run artists‘ residence in 1912, among others for Rilke, who probably walked the path on the cliffs from time to time and was inspired.

But after the castle I soon went through the forest again, it was the foothills of the Karst mountains. Near Peschiera I had the pleasure of marveling at a small geological wonder. There the Timavo river emerges from the rock in three places just like that. It is a remarkable river, which 46 km away as the crow flies disappears into karst caves just as it comes out again here. It is very clear bluish green water, which flows out of a rock face with a strong current and no less than three water arms. This was a legendary place of worship already in ancient times.

Seume writes about it:

„At the spandrel of the mountains, a beautiful river emerges from the earth here, which presumably also forms caves. Here, according to all locality, are certainly Virgil’s rocks of Timavus; and I looked around proudly that I was now entering the classical ground by choice.“

I can’t say exactly where Seume went. Gorizia or Garica is too far away in the north. He mentions this as the direction in which he went. In Seume, however, descriptions of landscapes are often formulated in such a way that one does not know exactly whether he was actually there or only wants to give the reader geographic orientation.

In any case, after the famous river spectacle, I also went uphill to the northwest. The alternative would have been the old, but heavily traveled and, as expected, footpath-less road to Montfalcone. So I quickly gained height, had again a hazy view of the bay in front of me, which is covered with port facilities.

And then, up on the karst mountains, I suddenly found myself in a ghostly scene: a forest fire must have raged not too long ago. Not a single tree had survived. Even large pines had charred trunks and even up in the crowns only puny clumps of brown needles. It looked so bizarre because the whole limestone blocks at the bottom had turned a brilliant white, as if someone had given them a brutal bleaching. Apparently the heat had scorched away any moss, any lichen. Only scrawny black stems were left standing, and so you could see amazingly far without any undergrowth or herbage.

I had to struggle a little in the midday heat along the highway over gravel roads. Then I was before Monfalcone again in the forest and stood before a further attraction: completely preserved fortifications from the 1st World War. Here on the ridges in front of the city, Austrians and Italians delivered bitter position wars. Now everything seemed strangely cute, because through the loopholes of the walled trenches you could only look into the dense forest. Panels here celebrate a theme park on the „Great War“. Interesting that even natural existing caves were converted into shelters.

I arrived in Monfalcone in the early afternoon. The town was full of noise, despite the siesta, because the paving is being renewed in the central square. At least I found an open bar and something to eat. The city itself is not particularly attractive. In the bar I had a long conversation with an aged real estate agent. He could speak English reasonably well. His daughter studied in Cologne and was in Frankfurt Main for a long time. So we talked a little about both countries and of course about my hiking plan. I was allowed to take his portrait. But when he drew parallels between Angela Merkel and Giorgia Meloni, I paid…

Also I was still fresh and have made a good three kilometers to Rochi the Legionari, where I have quarters over an ice cream parlor. Tomorrow I will move on to Palmanova. Seume was apparently there, because he describes the city a little more precisely. It is also clearly on the way to Udine from here. Palmanova is a World Heritage Site since 2017.

Now that I’m finally in Italy, Spanish vocabulary keeps coming to mind. But it will, my Italian!