Tag 104 der Reise, von Carlentini nach Augusta, 25 km

Das war mein letzter Tag mit Fußwanderung auf dieser Reise. Die restliche Strecke nach Syrakus darf ich morgen mit der Bahn fahren, denn Seume ritt fast die ganze Strecke auf dem Esel. Nur zum Bahnhof Augusta habe ich drei Kilometer zu gehen.

Als würde Sizilien mich besonders schnell loswerden wollen, gab es heute noch mal Saures: 25 km Straße. Die war anfangs nur leicht befahren. Aber der Verkehr wurde mit der Nähe zur Küste immer heftiger. Und 5 km vor Augusta setzte auch noch ein wenig Regen ein.

In Villasmundo, etwa auf halber Strecke, traf ich auf einen jungen Mann, der sehr gut Deutsch sprach und auch ein begeisterter Reisender ist. Er sprach mich auf dem Fußweg an, und wir hatten ein kurzes Gespräch über unkonventionelle Formen des Reisens. Bis vor einigen Jahren hat er noch als Bauleiter gearbeitet. Jetzt ist er Yogalehrer, organisiert Höhlen- und Klettertouren.

Wenig später, in einer Bäckerei, habe ich zwar das Wasser bezahlt, aber man hat mir mit guten Wünschen für das Stück Pizza nichts berechnet.

So wurde ich zweimal ein wenig getröstet auf der tristen Straße in der nicht sehr spektakulären Landschaft, die ich durchwanderte. Und Orangen gab es auch.

Augustas Altstadt liegt auf einer kleinen Insel im Meer, der Zugang wird durch eine alte Festung verstellt. Die Stadt ist bis heute Marinestützpunkt.

Der junge Mann, der mich im Quartier einchecken ließ, meinte, er hätte mich heute schon mal auf der Straße überholt, wusste da natürlich nicht, dass ich sein Gast bin.

Seume zum heutigen Tag:

„Von hier (Lentini – ep) wollte ich endlich nach Syrakus; aber ich ging in den Mauleseltriften der Bergschluchten und Höhen und Täler abermals irre, und kam, anstatt nach Syrakus, nach Augusta. Das erste Stündchen Weg war schön und ziemlich gut bebaut: aber sodann waren einige Stunden nichts als Wildnis, wo rund umher Oleaster, fette Asphodelen und Kleebäume wuchsen. Eine starke Stunde vor Augusta fing die Kultur wieder an, und hier ist sie vielleicht am besten auf der ganzen Insel. Der Wein, den ich hier sah, wird ganz dicht am Boden alle Jahre weggeschnitten, und die einzige Rebe des Jahres gibt die Ernte. Das kann nun wohl nur hier in diesem Boden und unter diesem Himmel geschehen. Es ist ein eigenes Vergnügen, die Verschiedenheit des Weinbaues von Meißen bis nach Syrakus zu sehen; und wenn ich ein weingelehrter Mann wäre, hätte ich viel lernen können. Die Landzunge, auf welcher Augusta liegt, mit der Gegend einige Stunden umher, gehört zu dem üppigsten Boden der Insel. Vor der Stadt machte man Salz aus Seewasser, zu welcher Operation man einen großen Strich totes Erdreich brauchte. Nirgends habe ich so schwelgerische Vegetation gesehen, als in dieser Gegend. Die Stadt ist ringsum vom Meere umgeben, und es führt nur eine ziemlich feste Brücke hinüber. Von der Landseite ist der Ort also gut genug verteidigt, und es würde eine förmliche Belagerung dazu gehören, ihn zu nehmen. Von der Seeseite scheint das nicht zu sein. Die wenigen Werke nach dem Wasser zu wollen nicht viel sagen.“

Seume war also nur aus Versehen hier gelandet, wie an einigen anderen Orten auch, die ich die Tage zuvor besuchte. Tatsächlich wäre die Route im Süden entlang der Küste auch heute kürzer gewesen.

Hier die Tour auf Komoot: https://www.komoot.de/tour/993407861?ref=wtd

Morgens in Carlentini
Bunker am Wegesrand
In Villasmundo
Nothing to say
Vor Augusta
Festung und Spanisches Tor vor Augusta
In Augusta
Gottesbaracke

Day 104 of the trip, from Carlentini to Augusta, 25 km.

This was my last day of walking on this trip. The remaining distance to Syracuse I may go tomorrow by train, because Seume rode almost the whole distance on the donkey. Only to Augusta station I have to walk three kilometers.

As if Sicily would want to get rid of me particularly quickly, there was today again sour: 25 km road. At the beginning it was only lightly traveled. But the traffic got heavier and heavier as I got closer to the coast. And 5 km before Augusta also a little rain started.

In Villasmundo, about halfway, I met a young man who spoke very good German and is also an avid traveler. He approached me on the footpath and we had a short conversation about unconventional forms of travel. Until a few years ago, he worked as a construction manager. Now he is a yoga instructor, organizing caving and climbing tours.

A little later, in a bakery, I paid for the water, but they didn’t charge me for the piece of pizza with good wishes.

So I was comforted twice a little on the dreary road in the not very spectacular landscape I was walking through. And there were oranges, too.

Augusta’s old town is on a small island in the sea, with access blocked by an old fortress. The town remains a naval base to this day.

The young man who let me check in at the quarters said he had already passed me on the street today, not knowing of course that I was his guest.

Seume on today:

„From here I finally wanted to go to Syracuse; but I went astray again in the mule tracks of the mountain gorges and heights and valleys, and came, instead of Syracuse, to Augusta. The first hour of road was beautiful and fairly well cultivated: but then some hours were nothing but wilderness, where oleasters, fat asphodels and clover trees grew all around. A strong hour before Augusta the culture began again, and here it is perhaps the best in the whole island. The vine I saw here is cut away very close to the ground every year, and the only vine of the year gives the harvest. Now this can probably only happen here in this soil and under this sky. It is a pleasure of its own to see the diversity of viticulture from Meissen to Syracuse; and if I were a man learned in wine I could have learned much. The promontory on which Augusta lies, with the area a few hours around, is among the most luxuriant soil on the island. Before the city, they made salt from sea water, for which operation they needed a large line of dead earth. Nowhere have I seen such luxuriant vegetation as in this area. The city is surrounded by the sea, and there is only a fairly solid bridge leading across. So from the land side the place is well enough defended, and it would take a formal siege to take it. From the sea side, it seems not. The few works toward the water do not say much.“

So Seume had only landed here by mistake, as he had in several other places I visited the days before. In fact, the route south along the coast would have been shorter today, too.