Tag 29 der Reise. Über den Semmeringpass von Gloggnitz nach Mürzzuschlag, 28 km

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29.09.2022 Leider ist mein linker Fuß ziemlich am Ende, die Blasen gegen keine Ruhe. Und heute musste ich wegen des Regens die einen Tick unbequemeren Stiefel tragen. Die haben die Füße auch ordentlich trocken gehalten. Weil sie aber fester und etwas steifer sind als die Halbschuhe, provozieren sie die schmerzhaften Dellen in der Haut. Daher wird es morgen einen vorgezogenen Ruhetag geben, zumal das Hotel in Mürzzuschlag nett und das Zimmer komfortabel ist. Der Fuß braucht mal ne kleine Heilungschance, die er offenbar bei 29 Tagekilometern nicht hat.

Heute Morgen habe ich vor dem Abmarsch noch den letzten Rest des Silikonsprays aus der Flasche gelassen. Es wollte und wollte nicht aufhören zu regnen. Eine weiteren Tag im Hotel in Gloggnitz wollte ich aber auf keinen Fall verbringen. Das ist ein Bau, der die letzte größere Renovierung im Jahre 1976 gesehen hat. Ein Paradies für Fans der 80iger Jahre: alles ist braun, beige, gelb. Dunkelbraun. Der Erfinder von Eiche rustikal hat hier offenbar mehrere Wochen getobt um dem Stil zum Durchbruch zu verhelfen. Ihm gelang ein homogenes Stilensenble. Plastikblumen, aber nur zwei Steckdosen im Zimmer, davon eine im Bad. Bett mit Brett für die Füße (der Hass aller größeren Menschen) und maschinengeschnitztes Kruzifix über dem Bett. Aber was will man machen: der Inhaber ist ein netter gutmütiger Kerl, der mit mir noch den heutigen Weg besprach, und aufmerksam meinem Seume-Schnellkurs lauschte. Also: nichts verändern und warten, bis der Denkmalschutz vorbeikommt.

Zu Gloggnitz kann man auch wieder nur sagen: wie Gronau. Immerhin, den empfohlenen Bahnwanderweg habe ich nur in kleinen Portionen genommen, denn er wich in großen Trapezen der geraden Linie der Bundesstraße aus, brachte mich aber nicht schneller durch den Regen.

Tatsächlich kam ich in Schottwien vorbei, daher jetzt das Seumezitat des Tages:

Eine Stunde von Schottwien fängt die Gegend an herrlich zu werden; vorzüglich macht ein Kloster rechts auf einer Anhöhe eine sehr romantische Partie. (Das ist in Gloggnitz – e.p.) Das Ganze hat Ähnlichkeit mit den Schluchten zwischen Außig und Lowositz; nur ist das Tal enger und der Fluß kleiner; doch sind die Berghöhen nicht unbeträchtlich und sehr malerisch gruppiert. Das Städtchen Schottwien liegt an dem kleinen Flüßchen Wien zwischen furchtbar hohen Bergen, und macht fast nur eine einzige Gasse. Vorzüglich schön sind die Felsenmassen am Eingange und Ausgange.

Es hatte zwei Tage ziemlich stark gefroren und fing heute zu Mittage merklich an zu tauen; und jetzt schlagen Regengüsse an meine Fenster und das Wasser schießt von den Bergen und der kleine Fluß rauscht mächtig durch die Gasse hinab. Mir schmeckt Horaz und die gute Mahlzeit hinter dem warmen Ofen meines kleinen Zimmers vortrefflich.

Und über den Semmering schreibt er einen Tag später in Mürzzuschlag, dort, wo ich heute auch nächtige:

Von Schottwien bis hierher war heute in der Mitte des Januars eine tüchtige Wandlung. Der Sömmering ist kein Maulwurfshügel; es hatte die zweite Hälfte der Nacht entsetzlich geschneit; der Schnee ging mir bis hoch an die Waden; ich wußte keinen Schritt Weg, und es war durchaus keine Bahn. Einige Mal lief ich den Morgen noch im Finstern unten im Tal zu weit links, und mußte durch Verschläge in dem tiefen Schnee die große Straße wieder suchen. Nun ging es bergan zwei Stunden, und nach und nach kamen einige Fuhrleute den Sömmering herab, und zeigten mir wenigstens, daß ich dorthin mußte, wo sie herkamen. Links und rechts waren hohe Berge, mit Schwarzwald bewachsen, der mit Schnee behangen war; und man konnte vor dem Gestöber kaum zwanzig Schritte sehen. Oben auf den Bergabsätzen begegneten mir einige Reisewagen, die in dem schlechten Wege nicht fort konnten. Der Frost hielt noch nicht, und überdies waren die Gleise entsetzlich ausgeleiert. Herren und Bedienten waren abgestiegen und halfen fluchend dem Postillon das leere Fuhrwerk Schritt vor Schritt weiter hinaufwinden. Ich wechselte die Schluchten bergauf bergab, und trabte zum großen Neide der dick bepelzten Herren an dem englischen Wagen fürbaß. Ein andermal rollten sie vor mir vorbei, wenn ich langsam fortzog. So gehts in der Welt: sie gingen schneller, ich ging sicherer. Auf dieser Seite des Sömmerings kommt aus verschiedenen Schluchten die Wien herab; und auf der zweiten Hälfte der Station, nach Mürzzuschlag, nachdem man den Gipfel des Berges erstiegen hat, kommt eben so die Mürz hervor, und ist in einer Stunde schon ein recht schöner Bach. Bei Mürzzuschlag treibt sie fast alle hundert Schritte Mühlen und Hammerwerke bis herab nach Krieglach, wo sie größer wird, nun schon einen ansehnlichen Fluß bildet, und nur mit Kosten gebraucht werden kann. Es ist angenehm, die Industrie zu sehen, mit welcher man das kleine Wässerchen zu seinen Behufen zu leiten und zu gebrauchen weiß; und die kleinen Täler an dem Flusse herunter sind außerordentlich lieblich, und machen auch unter dem Schnee mit ihren fleißigen Gruppen ein schönes Winterbild.

Tatsächlich habe ich wohl bis Schottwien (dort mangels Alternative) und auch danach fast bis auf den Semmering die historische Poststraße benutzt. Inzwischen gibt es zu dieser eine Autobahn und auch eine Bundesstraße als Alternative, weniger steil, viele Tunnels. Und dann gibt es noch die Semmeringbahn, die inzwischen zum Weltkulturerbe zählt als erste Eisenbahnstrecke überhaupt. Dieser Bahnstrecke und einem der Viadukte begegnete ich immer wieder mal im Laufe des Tages, und an ihrem höchsten Punkt, dem Bahnhof Semmering, habe ich Rast gemacht, und tapfer den Zug nach Mürzzuschlag ohne mich davonfahren lassen. Immerhin hatte es schon eine Stunde vor dem Gipfel aufgehört zu regnen.

Die schöne Landschaft, die Seume beschreibt, blieb mir jedoch weitgehend verborgen hinter Nebelschwaden und Regenwolken. Oben auf dem Pass erinnert ein Denkmal an den Bau der ersten Passstraße im Jahre 1728. Es dürfte wenig Zweifel geben, dass Seume diese Straße nahm, deren genauer Verlauf mir aber zu ergründen nicht möglich war. Gleichwohl war ich sicher, ab und zu auf dieser Straße oder der überbauten Trasse gegangen zu sein.

Der Abstieg vom Pass war dann geprägt vom Lärm der Autobahn, wenn diese aus dem Tunnel hervorkam. Ich ging am Rand der nicht zu stark befahrenen Bundesstraße und vermied die von Komoot vorgeschlagenen erbaulichen Verlängerungen. Das war vermutlich auch gut so, denn ich musste feststellen, dass große Teile des Gebietes neben der Straße komplett abgesperrt sind. Es wird nämlich der Semmering-Basistunnel gebaut und an einer der großen Baustellen mit einer riesigen Schutthalde geförderten Gesteins kam ich vorbei. Noch Kilometer später war die Straße mit grauem Staub eingefärbt von den LKWs, die den Abraum wegfahren.

Dieser neue Eisenbahntunnel soll die jetzt noch vorhandenen großen Steigungen der Bahnlinie vermeiden. Bei Güterzügen sieht man regelmäßig zwei Lokomotiven vorgespannt, was gewiss zu Problemen führt, wenn die z.B. vor und hinter dem Pass an- und abgekoppelt werden müssen.

Am Ortseingang von Mürzzuschlag fand ich auch noch einen der Kanäle zum Bereitstellen von Wasserkraft. Seume lobte die damalige Industrie. Er endete in imposanter Höhe auf einem Betontrog in einem gar nicht so alten Fabrikgebäude.

Und hier die Tour auf Komoot: https://www.komoot.de/tour/939160737?ref=wtd

Die alte Passstraße hinter Schottwien
Im Wald auf dem Weg zum Pass
Blick ins Tal
Viadukt der Semmeringbahn
Feuersalamander
Vor dem Bahnhof Semmering
Blick ins Tal 2
Kurort Semmering
Hotel
Kurort Semmering 2
Unter der Autobahn
Baustelle Semmering Basistunnel

Unfortunately, my left foot is pretty much at the end, the blisters against no rest. And today I had to wear the one tick more uncomfortable boots because of the rain. The have kept the feet also neatly dry. But because they are firmer and a bit stiffer than the low shoes, they provoke the painful dents in the skin. Therefore, there will be an early rest day tomorrow, especially since the hotel in Mürzzuschlag is nice and the room comfortable. The foot needs times ne small healing chance, which he apparently does not have with 29 day kilometers.

This morning I left the last bit of silicone spray out of the bottle before setting off. It would not and would not stop raining. Another day in the hotel in Gloggnitz I wanted to spend but in any case not. This is a building that saw the last major renovation in 1976. A paradise for fans of the 80s: everything is brown, beige, yellow. Dark brown. The inventor of rustic oak apparently raved here for several weeks to help the style break through. He managed to create a homogeneous style senble. Plastic flowers, but only two sockets in the room, one of which is in the bathroom. Bed with board for feet (the hatred of all taller people) and machine-carved crucifix above the bed. But what can you do: the owner is a nice good-natured guy, who still discussed with me today’s route, and listened attentively to my Seume quick course. So: don’t change anything and wait until the monument protection comes by.

To Gloggnitz one can say also again only: like Gronau. After all, I took the recommended rail trail only in small portions, because it dodged the straight line of the federal highway in large trapezoids, but did not get me through the rain any faster.

In fact, I passed Schottwien, hence now the lake quote of the day:

An hour from Schottwien, the area starts to become magnificent; exquisitely, a monastery on a hill to the right makes a very romantic match. (This is in Gloggnitz – e.p.) The whole has similarities with the gorges between Außig and Lowositz; only the valley is narrower and the river smaller; but the mountain heights are not inconsiderable and very picturesquely grouped. The small town of Schottwien lies on the small river Wien between terribly high mountains, and makes almost only one alley. The rock masses at the entrance and exit are especially beautiful.

It had been freezing for two days and today at noon it began to thaw noticeably; and now downpours are hitting my windows and the water is shooting down from the mountains and the little river is rushing mightily through the alley. I enjoy Horace and the good meal behind the warm stove of my little room.

And he writes about the Semmering a day later in Mürzzuschlag, where I also spend the night today:

„From Schottwien to here was today in the middle of January a proficient change. The Sömmering is not a molehill; it had snowed terribly the second half of the night; the snow went up to my calves; I didn’t know a single step of the way, and there was absolutely no track. Several times I walked in the morning still in the darkness down in the valley too far to the left, and had to look for the big road again through hiding places in the deep snow. Now it went uphill for two hours, and little by little some carters came down the Sömmering, and at least showed me that I had to go where they came from. To the left and right were high mountains, overgrown with black forest, which was covered with snow; and one could hardly see twenty steps in front of the brush. At the top of the mountain slopes I encountered some paddy wagons that could not get away in the bad road. The frost did not hold yet, and moreover the tracks were horribly worn out. Gentlemen and servants had dismounted and, cursing, helped the postillon to wind the empty carriage up step by step. I changed the ravines uphill downhill, and trotted along the English wagon to the great envy of the thickly furred gentlemen. Other times they rolled past in front of me as I moved slowly away. That’s how it goes in the world: they went faster, I went safer. On this side of the Sömmering, the Vienna comes down from various gorges; and on the second half of the station, after Mürzzuschlag, after one has climbed to the top of the mountain, the Mürz comes out in the same way, and in an hour is already a quite beautiful stream. At Mürzzuschlag it drives mills and hammer mills almost every hundred steps down to Krieglach, where it grows larger, now already forms a considerable river, and can only be used at great expense. It is pleasant to see the industry with which one knows how to direct and use the small body of water for one’s own purposes; and the small valleys along the river are extraordinarily lovely, and also make a beautiful winter picture under the snow with their industrious groups.“

In fact, I probably used the historic post road until Schottwien (there for lack of alternative) and also afterwards almost up to the Semmering. Meanwhile, there is a highway and also a federal road as an alternative to this, less steep, many tunnels. And then there is the Semmering Railway, which is now a World Heritage Site as the first railroad line ever. I encountered this railroad line and one of its viaducts again and again during the day, and at its highest point, Semmering station, I took a break and bravely let the train to Mürzzuschlag leave without me. After all, it had stopped raining an hour before I reached the summit.

However, the beautiful landscape that Seume describes remained largely hidden from me behind clouds of mist and rain. At the top of the pass, a monument commemorates the construction of the first pass road in 1728. There should be little doubt that Seume took this road, but I was unable to fathom its exact course. Nevertheless, I was sure to have walked along this road or the overbuilt route from time to time.

The descent from the pass was then marked by the noise of the highway as it emerged from the tunnel. I walked along the edge of the federal highway, which was not too busy, and avoided the edifying extensions suggested by Komoot. This was probably a good thing, because I had to realize that large parts of the area next to the road are completely closed off. Namely, the Semmering Base Tunnel is being built and I passed one of the large construction sites with a huge dump of mined rock. Still kilometers later, the road was colored with gray dust from the trucks hauling away the overburden.

This new railroad tunnel is to avoid the large inclines of the railroad line that still exist now. Freight trains are regularly seen with two locomotives in front of them, which certainly causes problems when they have to be coupled and uncoupled, for example, before and after the pass.

At the entrance to Mürzzuschlag, I also found one of the canals for providing water power. Seume praised the industry of that time. It ended at an imposing height on a concrete trough in a not so old factory building.

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